Lesezeit: 11 Minuten – Wer wirklich alles für Gott geben will, geht ein Wagnis ein, dass unglaublichen Mut und Selbstlosigkeit erfordert. Traust du dich?
Nis Randers
eine Ballade von Otto Ernst, 1901
Krachen und Heulen und berstende Nacht,
Dunkel und Flammen in rasender Jagd –
Ein Schrei durch die Brandung!
Und brennt der Himmel, so sieht man´s gut.
Ein Wrack auf der Sandbank! Noch wiegt es die Flut;
Gleich holt sich´s der Abgrund.
Nis Randers lugt – und ohne Hast
Spricht er: „Da hängt noch ein Mann im Mast;
Wir müssen ihn holen.“
Da faßt ihn die Mutter: „Du steigst mir nicht ein:
Dich will ich behalten, du bliebst mir allein,
Ich wills, deine Mutter!
Dein Vater ging unter und Momme, mein Sohn;
Drei Jahre verschollen ist Uwe schon,
Mein Uwe, mein Uwe!“
Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach!
Er weist nach dem Wrack und spricht gemach:
„Und seine Mutter?“
Nun springt er ins Boot und mit ihm noch sechs:
Hohes, hartes Friesengewächs;
Schon sausen die Ruder.
Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz!
Nun muß es zerschmettern …! Nein, es blieb ganz …!
Wie lange? Wie lange?
Mit feurigen Geißeln peitscht das Meer
Die menschenfressenden Rosse daher;
Sie schnauben und schäumen.
Wie hechelnde Hast sie zusammenzwingt!
Eins auf den Nacken des andern springt
Mit stampfenden Hufen!
Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt!
Was da? – Ein Boot, das landwärts hält –
Sie sind es! Sie kommen! – –
Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt…
Still – ruft da nicht einer? – Er schreits durch die Hand:
„Sagt Mutter, ’s ist Uwe!“
Ich glaube bei den meisten Männern erwecken solche heldenhaften Geschichten wie von Nis Randers Gefühle der Bewunderung. Wir alle bewundern sie: Menschen und im besonderen Männer, die ihr Leben wagen, um andere zu retten. Tief in unserem Inneren wünschen wir uns vielleicht sogar selbst, solche Männer zu sein. Wie John Eldredge in seinen Büchern über den ungezähmten Mann schreibt, kommt es nicht von ungefähr, dass wir genau die Filme lieben in denen tapferere Männer sich dem Schicksal entgegenstellen und voller Entschlossenheit gegen das Böse kämpfen und die nötigen Opfer bringen, bis die Gerechtigkeit gesiegt hat. Man denke da zum Beispiel an Aragorn bei „Der Herr der Ringe“. Mit Ehre geschmückt kehrt er als der Held von der Schlacht zurück und sein edler Charakter und seine Kämpferstärke machen ihn zu einem guten und gerechten König, der mit den anderen Helden das Volk gerettet hat.
Was wäre, wenn ich euch sagen würde, dass dieser Traum von Heldenmut kein bloßer Wunschgedanke ist und nicht nur eine utopische Illusion darstellt, die von unserer Realität im 21. Jahrhundert weit entfernt ist?
Was wäre, wenn ich euch sagen würde, dass wir als Männer die Berufung haben, solch ein Leben zu führen?
Was wäre, wenn der König dieser Welt uns einen Auftrag gegeben hätte, dass wir in seinem Namen und befähigt durch seine Kraft in die Dunkelheit aufbrechen sollen, um wie Nis Randers zu den Verlorenen im sinkenden Boot zu rudern, um sie zu retten? Was wäre, wenn wir, würden wir nicht so leben, unser Leben nicht ausschöpfen und den Sinn unserer Männlichkeit mit all ihren Tugenden verfehlen würden?
Im Anblick des Todes
Es war in einer Nacht, in der die Dunkelheit gähnte, sodass sie einen fast zu verschlucken drohte, als ein altes Schiff mit einer 12 Mann Besatzung gegen die meterhohen Wellen ankämpfte. Ein tobender Sturm griff um sich und versuchte die Männer zu bezwingen. Einige von ihnen waren hartgesottene und erfahrene Fischer, die auf der See aufgewachsen waren und schon so manchem Wind und Wetter getrotzt hatten. Sie waren weder zimperlich, noch waren sie Feiglinge, sondern ganz im Gegenteil viel mehr Männer, die durch ihre wettergegerbten Gesichter und rauen Hände ihre Kühnheit bezeugten. Besonders einer von ihnen, der später ihr Anführer werden sollte – sein Name war Simon Petrus. Doch in dieser Nacht war es anders. Schon seit Stunden kämpften sie nun gegen die See und ihre müden Augen verrieten ihre Furcht und Verzagtheit. Keiner sprach es aus, doch sie alle dachten daran: Nicht mehr lange und das Schiff würde unter der Last der Wellen zerbrechen und der dunkle und kalte See Genezareth würde ihr nasses Grab werden. (Vgl. Matthäus 14)
Als Petrus und die anderen Jünger in dieser Nacht auf dem See in Not gerieten, kam Jesus zu ihnen. Sie erschraken, da sie dachten, er wäre ein Geist. Petrus aber sprach zu ihm: „Herr, wenn du es bist, so befiehl mir, zu dir auf dem Wasser zu kommen!“ Dieser Schritt aus dem Boot ist ein Wagnis, das alles kostet. Es ist ein Schritt in die absolute Abhängigkeit von diesem Gott Jesus und es ist ein bewusster Schritt, der trotz der Wellen gemacht werden muss. Jesus ruft Petrus zu sich und Petrus geht. Die spannende und herausfordernde Lektion hier ist, dass Petrus nicht passiv ist. Er fordert Jesus auf ihn zu sich zu rufen. Damit wird Petrus aktiv und geht bewusst ein Risiko ein. Dieser Mann will seine Angst überwinden und nicht der Spielball der Wellen sein. Dieses Risiko ist aber nicht tollkühn und unüberlegt, denn er will wissen, dass es auch sein Herr ist, der in ruft und als er sich dessen sicher ist, klettert er über die Reling. Petrus, der bei weitem kein perfekter Mann war und durch harte Lektionen gehen musste, um in seiner Männlichkeit als Nachfolger Jesu zu reifen, wurde von Jesus zum Fels der Gemeinde Christi gemacht (Matthäus 16,18).
Diese Berufung verleiht ihm eine neue Identität! Von seinem Dasein als Fischer ernennt Jesus ihn zum Menschenfischer. Er soll jemand sein, der sein Leben im vollen Einsatz und bis zum Tod einzig und allein einer Sache widmet, die bei Weitem über sein eigenes Leben hinausgeht. Er wird Teil der größten Rettungsoperation, die jemals auf diesem Planeten stattgefunden hat. Und das Großartige dabei ist, dass dieses abenteuerliche Unterfangen auch noch bis heute andauert und wir alle gebraucht und dazu gerufen werden. In Matthäus 9,37 sagt Jesus: „Die Ernte ist groß, aber der Arbeiter sind wenige.“
Klar ist, dass jeder, der sich dieser Mission verschrieben hat, bereit ist sich unter das Ziel zu stellen und bereit ist seine Zeit, sein Geld, seine Kraft, seine Talente, seine Gesundheit und seine Energie zu opfern, wie ein Ritter der sich kühn an die Worte seines Credos bindet. Dies soll ein Aufruf sein und ein Appell an jeden Mann, seine Bestimmung anzutreten und dieser Operation beizutreten. Aber ich warne euch, denn es ist nichts für schwache Kerle, denn dazu braucht es unglaublich großen Mut.
„Mut bezaubert uns, denn er bezeugt, dass ein Mann eine Idee mehr liebt, als alle anderen Dinge in der Welt, dass er weder an sein Bett, sein Abendbrot, noch an sein Geld denkt, aber ALLES wagen wird, um den unsichtbaren Gedanken in seinem Sinn um zusetzten.“ – Ralph Waldo Emerson
Diese Idee ist in diesem Fall der Gedanke Jesus Christus nachzujagen, der sein Leben für das Leben der Menschheit gab und seinem Beispiel zu folgen. Es ist der Gedanke, genährt und gestützt durch den göttlichen Willen des Vaters, dass wir in die Dunkelheit gehen sollen und die Fackel der Gerechtigkeit, des Kampfes gegen die Sünde, der Freiheit und der überwältigenden Liebe Jesu mit erhobenem und zu jeder Schlacht bereiten Arm hineintragen.
Diese Gedanken sind gefährliche Gedanken, denn sie hinterfragen den Status Quo der Welt und der Gesellschaft.
Sie sind unpopulär und zwingen einen aus der eigenen Komfortzone der bequemen Sicherheit. Sie sind gefährlich, denn ihnen nachzugehen bedeutet sich schmutzig zu machen, Verletzungen und Verwundungen zu riskieren und in vielen Teilen dieser Erde bedeuten sie sogar den Tod. Ein entschiedenes Leben in der Nachfolge Jesu als Befreier der Gefangenen und der am Boden Liegenden braucht Mut!
„Die Gerechten aber sind furchtlos, wie ein Löwe.“ Sprüche 28,1
Du magst vielleicht denken, wieso sollte das nur für uns Männer gelten, was ist mit den Frauen, sind sie nicht dazu fähig? Doch, sie sind ebenso zu diesem Leben berufen und dazu fähig. Die Geschichte bezeugt die heldenhaften Taten zahlreicher Frauen, die kein Opfer gescheut haben und Gott treu waren. Dennoch denke ich, dass Männer bereits zu oft keinen Mut bewiesen haben und ihrer Männlichkeit, welche Mut, Opferbereitschaft, Kampfgeist und Wagnis impliziert, nicht treu geworden sind. Im Augenblick von Gefahr, wenn Christ zu sein etwas kostet und man in die Gebiete des Feindes eindringt, braucht es Männer, die keine Gefahr scheuen, sondern mutig vorangehen, nicht weil Frauen es nicht können, sondern weil Männer bereit sind die Bedrängnisse und Härte auf sich zu nehmen und auf ihren Schultern zu stemmen, um den Frauen und den anderen Mitmenschen zu dienen und nach Möglichkeit zu vermeiden, dass sie Not erleiden müssten. In diesen Momenten der Not, sollten Männer als Kraft spendende Stützen wirken. Außerdem ist der Effekt eines mutigen Kriegers auf seine Kameraden so mitreißend, dass ihm viele weitere folgen. Ein Anführer, der sich nicht scheut in die erste Reihe zu treten, wo die Gefahr am größten und das Gefecht am hitzigsten ist, ist wie eine unsichtbare Kraftquelle, die anderen Mitstreiter dazu inspiriert ebenso tapfer zu sein.
Die ehrenhaften Berufe der Feuerwehrmänner, der Küstenwache, der Soldaten, der Katastrophenhilfe, der Polizisten, des Rettungsdienstes etc., die seit jeher von Männern dominiert wurden deuten darauf hin, dass etwas in uns Männern zu stecken scheint, was uns dazu antreibt, selbst unter dem Risiko des eigenen Lebens, den Notdürftigen zur Hilfe zu eilen. Wir glauben an das Bild des Helden und müssen es auch heute nicht als bloßes Klischee ablegen. Der weltweit bekannte Therapeut John Gray erklärt, dass diese Veranlagung in den männlichen Genen steckt: Zeig einem Mann ein Problem oder eine schwierige Lage, die zu lösen ist und sofort werden seine Kräfte durch eine Menge Dopamin, die sein Hirn durchfluten, mobilisiert. Selbst die kleine Bitte einen kaputten Fernsehschalter zu reparieren und die Erledigung dieser Aufgabe hat schon einen solchen Effekt. Ein Mann, der in einer Notlage gebraucht wird, wird durch diese Situation mobilisiert und vitalisiert. Es scheint, als ob eine schlafende Kraft in einem geweckt wird. Leider kommt es aber nicht selten vor, dass Männer vor ihrer Verantwortung flüchten und anderen den Rücken zukehren, anstatt zu helfen. Wie sehr würde es dieser Welt besser gehen, wenn Männer wieder kleine und große Helden sein würden.
Genauso gilt es auch für uns als gläubige Männer. Lasst uns aufstehen, wenn wir den Hilflosen bedrängt sehen. Lasst uns nicht schweigen, wenn wir Ungerechtigkeit und Falschheit begegnen. Lasst uns mit Freimut den Sieg Jesu Christi in dieser Welt verkündigen. Sprecht gefährliche Gebete, wenn es scheint, als ob alles gegen euch steht. Üben wir uns darin geduldig und sanftmütig den Spott zu ertragen, weil wir wissen, wem wir dienen. Wir wollen wie Petrus trotz gefährlicher Wellen aus dem Boot steigen. Lassen wir nichts und niemanden zwischen uns und dem sinkendem Mann am Mast kommen, denn wir rufen wie Nis Randers: „Da hängt noch ein Mann im Mast; wir müssen ihn holen.“
Mit dem Gebet eines deutschen Feldmarschalls aus dem 2. Weltkrieg wollen wir in das Wagnis der Seelenretter aufbrechen und mit diesem Gebet bitten wir um die Kraft Gottes, solche Männer der mutigen Tat zu sein.
„Nimm du mich nur bei deiner Rechten, du starker Herr und dann voran;
sei du der Stern in meinen Nächten, in meinem Boot der Steuermann!
Und sollte ich in Stürmen zagen, sprich nur zwei Wort´ vornehmlich aus.
Sprich nur: ICH BIN! Und jauchzend schlage ich meine Ruder ins Gebraus. Amen.“